29.9.-30.9., Die Heimreise

Ich habe gut geschlafen und bekomme um 8:30 ein liebevoll zubereitetes Frühstück serviert. Auf die Frage, was man hier in der Gegend denn mal noch unternehmen kann in den verbleibenden sechs Stunden meines Aufenthalts, weiß die Landlady auch keine rechte Antwort. Als ich in mein Auto steige, treffe ich die beiden Mädels von gestern, die auf meine Empfehlung hin jetzt zu den Vögelchen fahren wollen. Wir haben strahlenden Sonnenschein, und ich beschließe, nochmal mitzufahren und vielleicht noch schönere Fotos zu machen als gestern. Außerdem liegt der Strand mehr oder weniger direkt auf dem Weg nach Auckland.

Heute ist Flut, und man muss schon den rechten Moment abwarten, um auf dem Weg über den Strand keine nassen Füße zu bekommen Foto dazu. Der Wind weht noch stärker als gestern, sodass die Vögelchen bei ihrem Landeanflug in der Luft so gut wie stehenbleiben.

Als ich mich sattgesehen und -fotografiert habe, fahre ich nach Auckland rein. Vielleicht schaue ich ja nachher noch im Auckland Museum vorbei, aber erst mal will ich in die Innenstadt, einen Buchladen suchen für ein gewisses Mitbringsel, ein Foto nachholen Foto dazu und vielleicht nochmal ans Internet, die letzte Ladung Bilder uploaden.

Aus "mal eben" ans Internet wird dann doch eine ganze Stunde, und mit Bummeln und Bücher Suchen ist so viel Zeit vergangen, dass ich beschließe, doch jetzt schon zum Flughafen zu fahren. Macht ja nichts, wenn ich ein Stündchen zu früh da bin; irgendwie fehlt mir die innere Ruhe, jetzt noch durch ein Museum zu spazieren. Zumal das auch erst noch zu finden wäre.

Die Parkgebühr von 14 Dollar für knapp drei Stunden haut mich rückwärts aus den Socken; ganz schön heftig, finde ich. Es stellt sich heraus, dass es eine gute Idee war, jetzt schon loszufahren. Denn der Verkehr staut sich schon an der Auffahrt auf den Motorway, und ich beschließe spontan, einen anderen Weg zu suchen. Das klappt erstaunlich fehlerfrei, obwohl ich nicht im Besitz eines vernünftigen Stadtplans bin, dauert aber dennoch seine Zeit, denn es herrscht reger Verkehr, auch auf den Seitenstraßen, die ich jetzt fahre. So bin ich dann doch erst um 15:30 am Mietwagen-Depot, erledige die Formalitäten, warte 20 Minuten auf den Shuttle-Bus zum Flughafen, muss ewig Schlange stehen, um einzuchecken, muss nochmal ewig Schlange stehen bei der Passkontrolle und erreiche das Gate erst, als sie gerade anfangen, das Flugzeug zu besteigen. Und ich dachte, ich müsste noch ein Stündchen irgendwo rumsitzen!

Der Flug verläuft recht komfortabel. Die Boeing 747-400 ist nicht voll belegt, sodass ich am Fenster sitze und die Reihe für mich habe. Ich schreibe bis zum Abendessen noch Tagebuch und wende dann mein bewährtes Rezept für das Überstehen von Nachtflügen an: Ich trinke zum und nach dem Essen allen Alkohol, den man mir anbietet und schlafe dannn durch. Da ich mich quer über die drei Sitze hinlegen kann, bekomme ich tatsächlich fast sechs Stunden ununterbrochenen Schlaf. Das ist gut, denn auf mich wartet ja noch ein 11-Stunden-Flug.

In Los Angeles muss ich mein Gepäck durch den Zoll tragen und darf es dann wieder abgeben. Ich hätte erwartet, dass es einen Transit-Bereich gibt, aber nein, ich muss ganz offiziell mit dem grünen Visa-Waiver-Formular in die USA einreisen, damit ich zu Fuß von Terminal 4 zum daneben gelegenen Tom Bradley International Terminal zu laufen. Dort stehe ich etwas verloren rum, denn am British-Airways-Schalter ist weit und breit niemand zu sehen. Ich erfahre an der Information, dass der erst um 12:30 aufmacht, also heißt es eine Dreiviertelstunde warten.

Es irritiert mich irgendwie, dass mein Flug nicht auf der Abflugtafel steht, ob ich wohl doch im falschen Terminal bin? Als der BA-Schalter endlich aufmacht, erfahre ich, dass mein Flug gestrichen wurde. Aber kein Problem, der freundliche BA-Mitarbeiter bucht mich auf einen Flug von Air New Zealand um. Lustig: Erst fliege ich mit einer australischen Fluggesellschaft von Neuseeland nach Amerika und dann mit einer neuseeländischen von Amerika nach London.

Was denn mit dem Gepäck passiere? Kein Problem, der BA-Mench hat sich extra Kopien von meinen Baggage Tags gemacht und ganz viel auf seinem Computer rumgetippt und meint, das würde schon klappen. Sie schicken das Gepäck einfach rüber zu Air New Zealand, wenn es hier ankommt, und dann wandert es weiter bis nach Hamburg. Na da bin ich ja mal gespannt, das klappt bestimmt!

Air New Zealand sitzt in Terminal 2, fünf Minuten Fußweg weiter. Nach einer Dreiviertelstunde Wartezeit - deren Abfertigung öffnet erst um 13:30 - checke ich dort ein und löse mit meiner Erklärung, dass ich umgebucht wurde und mein Gepäck direkt weiter nach Hamburg soll, hektisches Getippe auf dem Computer und einen Besuch der Sachbearbeiterin hinter den Kulissen aus, wo sie sich irgendwie nach meinem Gepäck erkundigen will. Danach versichert sie mir zuversichtlich, dass das klappen wird und händigt mir die Bordkarte aus.

Es sind noch über zwei Stunden Zeit bis Abflug, aber ich will schon mal zum Gate gehen. Dort ist eine Riesenschlange vor der Sicherheitskontrolle, die nach mindestens einer halben Stunde Wartezeit aussieht. Als ich mich gerade angestellt habe, kommt einer die Reihe entlang, wirft einen Blick auf die Bordkarten und winkt mich dann ganz aufgeregt raus und lotst mich in einen extra Eingang, vorbei an der langen Schlange.

Dort darf ich exklusiv unter den Augen von vier oder Fünf Sicherheitsmenschen meinen Laptop auspacken, ihn, den Rucksack, meine Jacke und den üblichen Kleinkram auf das Förderband stellen und durch den Metalldektektor gehen. Der piept (natürlich) nicht, trotzdem will mich einer nochmal von oben bis unten mit seinem Metalldetektor überprüfen und abtasten. Was ist hier nur los, die gucken alle so streng als hätten sie gerade einen mutmaßlichen Terroristen gefangen. Einer packt meinen Rucksack komplett aus und schaut in jeden Winkel inklusive Kamera- und Objektiv-Tasche, ein anderer schnüffelt mein Notebook mit einem Sprengstoff-Detektor ab. Erst als all das vorbei ist, schauen sie ein bisschen freundlicher. Womit ich diese Sonderbehandlung verdient habe? Ich habe die vier S auf meiner Bordkarte Foto dazu; die Fluggesellschaft war also aus irgendeinem Grund der Meinung, ich müsste besonders gründlich überprüft werden. Es sei womöglich eine rein statistische Sache. Aha. Na dann. Ich sehe es positiv; immerhin haben mir die vier S den VIP-Status verpasst, sodass ich nicht eine Dreiviertelstunde lang in der Schlange stehen musste.

Mein Notebook-Akku ist leer; ich habe vorhin die Wartezeiten zum Tagebuchschreiben genutzt. Ich habe zwar schlauerweise das Ladegerät im Handgepäck, aber den US-Adapterstecker nicht. Und hier gibt es weder deutsche noch australische Steckdosen. Also muss ein Buch her. Michael Moore's "Dude, where's my country" scheint mir nach dieser Sicherheitskontrolle genau die richtige Lektüre zu sein.

Die Maschine von Air New Zealand ist eine ältere Boeing 747-400, die noch nicht in jedem Sitz ein Display und ein Telefon hat. Dafür scheint mir, dass die Sitze etwas weiter voneinander entfernt sind und sich weiter zurückstellen lassen. Ich trinke wie immer zum Abendessen ein paar Bierchen und schlafe dann, aber nur ungefähr vier Stunden, dann bin ich hellwach. Noch etwa vier Stunden bis zur Akunft. In dieser Zeit schaffe ich den kompletten Rest des Buches, dann geht die Sonne auf, und es gibt Frühstück. Als ich so aus dem Fenster schaue, beobachte ich ein anderes Flugzeug, das genau in der gleichen Richtung fliegt, nur tiefer. Es kommt immer näher; anscheinend sinken wir schon. So richtig wohl ist mir allmählich dabei nicht, aber nehmen wir mal an, der Pilot hat auch keine Tomaten auf den Augen. Als es noch näher kommt, fällt mir ein, dass man ja vielleicht mal ein Foto machen könnte. Sieht eigentlich ganz nett aus bei dem schönen Wetter, und als wir es dann überholen, wirkt es sogar recht dramatisch nah Foto dazu.

Auch in London Heathrow heißt es wieder ewig Schlange stehen: Die Sicherheitskontrolle vor dem Eingang zum zentralen Transit-Bereich hat ganz offensichtlich zu wenig Personal. Am British-Airways-Schalter werde ich gefragt, ob ich denn kein Gepäck habe. Ich erzähle die Geschichte meiner Umbuchung und drücke meine leichte Skepsis aus, ob denn das mit dem Gepäck wohl klappen wird. Ob sie mal nachschauen soll, ob es in London ist? Nein danke, was würde das schon nützen? Ändern können wir ja sowieso nichts, oder? Nein, da habe ich eigentlich recht. Warten wir also ab, was in Hamburg passiert.

Jetzt heißt es wieder warten. Ich stecke jetzt seit 40 Stunden in denselben Klamotten und fühle mich nicht mehr wirklich frisch. Und von Air New Zealand gab es keine Zahnbürste - hätt ich das geahnt, dann hätte ich die von Quantas nicht in Los Angeles weggeworfen. Hier gibt es öffentliche Duschen, das ist doch mal eine gute Idee. Drei Pfund wollen sie dafür, die ich nicht habe, also 6 Euro. Moment, drei Pfund sind doch keine 6 Euro, ach, egal. Für 6 Euro dusche ich ausführlich und fühle mich danach wieder wie neu. Nächstes Mal muss ich dran denken, ein frisches T-Shirt und ein Deo in mein Handgepäck zu stecken, das wäre noch besser gewesen.

Ich hadere lange mit mir, ob ich in der verbleibenden Stunde nun einen Kaffee oder lieber doch ein Bier trinke. Kein Bier vor vier, aber in irgendeiner der Zeitzonen, die ich gerade durchflogen habe, ist es bestimmt schon vier. Also doch ein Pint Murphy's. Komischerweise macht es nicht müde.

Der Flug nach Hamburg ist nur ein Hüpfer von gut einer Stunde. Für den Kofferkuli brauche ich einen Euro, habe aber keinen parat. Der Geldwechselautomat nimmt sich meinen 5-Euro-Schein zur Brust und prüft und prüft und prüft ... nach drei Minuten finde ich, ich könnte jetzt eigentlich mal mein Geld kriegen. Mit bleibt auch nichts erspart auf dieser Reise. Ich rufe also per Handy die auf dem Automaten stehende Telefonnummer an, und nach ein paar Minuten kommt einer vorbei, der das wohl schon kennt. Machen kann er erstmal nichts, aber er gibt mir fünf Euro und kostenlos einen Wagen.

Mit dem stehe ich jetzt gespannt am Gepäckband. Wird das Gepäck auftauchen? Ich glaube ja nicht so richtig daran, aber man weiß ja nie, vielleicht wird man ja mal positiv überrascht. Werde ich aber nicht. Als nach gut 20 Minuten meine Flugnummer von der Anzeigetafel verschwindet, bringe ich den Kofferkuli wieder weg und spreche beim Lost-Baggage-Schalter von British Airways vor. Dort wird der Vorgang aufgenommen, und ich gebe meine Adresse in Hannover und meine Handy-Nummer an. Das Gepäck wird dann zugestellt.

Das finde ich prima; wenn man so drüber nachdenkt, ist das eine perfekte Reiseorganisation. Das Gepäck hätte ja auch auf der Hinreise oder auf einem meiner Flüge dazwischen verloren gehen können. Da hätte mich das echt gestört. Aber auf der Rückreise ist das doch perfekt. Da brauche ich meine schmutzige Wäsche und meine zehn Kilo Bücher jetzt nicht vom Hamburger Flughafen aus in den Bus, in den ICE und dann nach Hause zu schleppen, sondern kann unbeschwert nur mit meinem Handgepäck nach Hause fahren. Der reservierte ICE ist zwar schon weg, aber der nächste fährt schon eine Viertelstunde später; alles klappt jetzt wie am Schnürchen. Ich verbringe die Fahrt im Zugrestaurant mit einem Abendessen und dem ersten Hefeweizen seit 10 Wochen, tut das gut! Um 8 bin ich schließlich endlich in meiner Wohnung, wo ich noch zwei Stunden lang diagonal durch Post und E-Mail schaue und ein bisschen telefoniere, um dann um 22 Uhr ziemlich kaputt in mein Bett zu fallen.

Jetzt wäre die Geschichte eigentlich zu Ende. Jockel meinte zwar Freitagabend beim Abendessen, ich solle doch einfach weiterschreiben, das wäre doch lustig. Aber mein langweiliges Leben in Hannover will ich dann doch keinem Leser zumuten. Die Gepäck-Geschichte gehört allerdings irgendwie noch dazu.

Freitagnachmittag finde ich in einer Online-Datenbank - zunächst auf Tipp von Frieder bei Alitalia, aber dann dieselbe Datenbank auch bei British Airways - Spuren meines Gepäcks. Als ich das erste Mal schaue, heißt es für beide Gepäckstücke "GEPÄCK LOKALISIERT / BITTE WARTEN SIE AUF BESTÄTIGUNG", später am Nachmittag ist Gepäckstück 2 aber anscheinend doch wieder verschwunden.

Freitagabend gegen 18:45 klingelt das Handy, und der Flughafen Hamburg teilt mir mit, dass mein zweites Gepäckstück angekommen sei und man heute noch eine Fahrt nach Celle habe und es auf dem Wege zustellen könne. Das zweite? Wo ist denn das erste? Das sei in Hannover und müsste schon zugestellt worden sein, ob denn die Kollegen aus Hannover noch nicht angerufen hätten? Nein, haben sie nicht. Dann werden sie wohl noch. Heute Abend passt mir aber nicht; ich bin doch gerade unterwegs, um mit den Kollegen beim neu entdeckten Markthallen-Chinesen Wiedersehen zu feiern. Also morgen.

Samstagmorgen ruft um 8 der Flughafen Hannover an, dass mein Gepäck jetzt gebracht werden könne. Ich bin sogar schon wach; dank Jet-Lag bin ich um 6:30 aufgewacht. Erst um kurz vor 10 klingelt es dann endlich, und meine Reisetasche ist da. Verziert mit vielen schönen neuen Anhängern, auf denen sich Lufthansa und British Airways bei mir entschuldigen, Quantas vor dem Gewicht der Tasche warnt und der Bundesgrenzschutz die Unbedenklichkeit bescheinigt, ist die Tasche anscheinend wohlbehalten angekommen Foto dazu. Das ist schon mal die wichtigere von beiden, denn da drin sind einige Souvenirs, die mir doch sehr am Herzen liegen.

Ich gehe mit Jennis frühstücken und schaue dann beim Vielseitigkeitsturnier des Go-Vereins vorbei, das dieses Wochenende stattfindet. Angemeldet habe ich mich nicht, denn ich bin zu schlapp, um das ganze Wochenende Go (beziehungsweise Go-ähnliche Spiele) zu spielen. Aber da sie gerade eine ungerade Anzahl von Spielern haben, lasse ich mich überreden, Fritz Freilos zu vertreten und spiele zwei Runden mit, bis Lisa aussteigt, sodass die Anzahl der Spieler ohne mich wieder gerade ist. Gegen 16:30 Uhr treffe ich noch Oliver und Martina auf einen Kaffee, und da kommt auch schon der Anruf, dass man mir mein Gepäck jetzt bringen wird. "Jetzt" ist dann doch erst gegen 17:45, aber es ist doch schön, dass nun alles wohlbehalten hier angekommen ist, auch dieser Koffer verziert mit reichlich bunten Anhängern Foto dazu. Ein gewisser Leser kann sich jetzt an Hand der beiden Fotos auch endlich ein Bild davon machen, wie 33 kg Gepäck aussehen ;-).

ENDE

 

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©2004 by Harald Bögeholz