19.9., Eine Steinkathedrale und heißkaltes Wasser

Nach dem Frühstück, das ich mir um 8:30 aufs Zimmer bestellt habe und zu dem ich mir einen richtigen Kaffee koche und genieße, verbringe ich einige Zeit damit, mein komplettes Gepäck aus- und wieder neu einzupacken, damit ich die Dinge, die ich für den Rest der Reise noch brauche, in dem kleinen Köfferchen und den Rest in der großen Reisetasche beziehungsweise die Schmutzwäsche lose im Kofferraum habe.

Um kurz nach 10 gehts dann los. Ich fahre noch einmal durch das Städchen, entdecke ein Schild zu einem kleinen Wanderweg und laufe spontan noch einmal ein bisschen durch den Urwald. Hier wird es gerade Frühling, und es ist hübsch, die Blüten auf den Bäumen und in den Gärten anzusehen Foto dazu.

Ich beschließe, die Wanderung an der Fletcher Bay auszulassen und direkt nach Osten zu fahren, um dann an der Küste zurück nach Süden in Richtung Rotorua weiterzufahren, wo ich eigentlich hin will. Die Straße ist wieder unglaublich schön - ich muss schon sagen, dass das Fahren hier das reinste Vergnügen ist Foto dazu. Man kommt zwar kilometermäßig nicht voran, aber das macht nichts, da es auf kürzester Strecke viel mehr zu sehen gibt. In Whitianga Foto dazu halte ich wieder mal an so einer Touristen-Info Foto dazu und erkundige mich, was man hier auf die Schnelle so unternehmen kann. Zum Cathedral Cove wandern und anschließend zwischen 14:36 und 18:36 am Hot Water Beach vorbeischauen, lautet die fachkundige Empfehlung.

Letzterer ist im Prinzip ein ganz normaler Strand, nur dass an einer Stelle aus einer unterirdischen Quelle 65 Grad heißes Wasser an die Oberfläche dringt. Das Zeitfenster deshalb, weil die Stelle nur bei Ebbe plus/minus zwei Stunden zugänglich ist. Laut Prospekt braucht man sich dort nur ein Loch zu graben, um ein warmes "Wannenbad" nehmen zu können. Da bin ich ja mal gespannt.

Cathedral Cove ist eine Art Torbogen im Felsen Foto dazu an einer hübschen kleinen Bucht Foto dazu, und der Wanderweg dorthin führt mich in einer knappen Dreiviertelstunde bei wunderschöner Aussicht über Klippen am Meer lang und durch Weideland. Hin und zurück habe ich so viel Zeit "verschwendet", dass ich genau richtig gegen 15:00 am Hot Water Beach ankomme, wo ich aber erst einmal einen Cappucino nehme. Nur nichts überstürzen, ich bin ja schließlich im Urlaub und nicht auf der Flucht.

Die Sonne scheint zwar, aber es ist höchstens 15 Grad warm und ein starker Wind pfeift mir um die Ohren, sodass mir so gar nicht nach Badehose zumute ist. Aber irgendwie muss ich ja mitkriegen, ob das Wasser warm ist oder nicht. Ich ziehe daher die Schuhe aus und steige in eine kurze Hose, bleibe aber ansonsten warm angezogen mit Jacke.

Der Strand sieht in der Tat ganz normal aus und fühlt sich auch ganz normal an für die Jahreszeit, nämlich eiskalt. Doch an einer Stelle sehe ich schon von weitem eine Ansammlung von Menschen - dort muss es sein Foto dazu. Mehrere Leute haben sich jeweils ein kleines Loch gegraben, und darüber steigt Dampf auf Foto dazu Foto dazu. Ich laufe am Strand entlang an dem Spektaktel vorbei und verbrenne mir auf einmal die Füße - so heiß hätte ich mir das Wasser nicht vorgestellt. Man muss wirklich aufpassen, wenn man so am Strand entlanggeht; es wechselt ständig zwischen ziemlich eiskalt und brühend heiß. An einer Stelle sieht man das heiße Wasser richtig aus dem Sand blubbern Foto dazu; leider kann man dort so gut wie nicht stehenbleiben, um ein Foto zu machen, denn es ist viel zu heiß.

Ich hadere noch mit mir, ob ich mir doch meine Badehose anziehen und mich auch ein bisschen ins warme Wasser legen soll, aber der Aufwand scheint mir doch zu hoch. Und ich sehe, wie all die Leute frieren, wenn sie dann ihr warmes Loch wieder verlassen.

Zurück im Auto will ich jetzt die verbleibenden zwei Stunden Tageslicht nutzen, um möglichst weit Richtung Rotorua zu fahren. Ich komme aber nicht so weit, wie ich dachte. Zum Einen wegen der gewundenen Straße, auf der man eben die Aussicht genießt und nicht so schnell vorankommt, zum Anderen, weil ich wider Erwarten trotz der spannenden Fahrt gegen 17 Uhr müde werde.

Ich halte in einem Ort namens Whangamata mit dem Vorsatz, mir irgendwo eine Cola zu kaufen. Doch als ich so die Straße ein bisschen entlanggehe und mir die tief stehende Sonne so anschaue, beschließe ich, doch einfach hier ein Nachtquartier zu suchen. Es hetzt mich ja keiner; diesmal muss ich ja nicht wie in Australien eine bestimmte Strecke zurücklegen, sondern nur darauf achten, dass ich wieder zurück nach Auckland komme. Es zwingt mich aber keiner, unbedingt mit aller Gewalt die ganze Insel abzufahren.

Ich halte am erstbesten Model, das gleichzeitig auch eine "Tourist Lodge" ist. Als die Dame im Office mich fragt, was für eine Art Zimmer ich denn möchte, sage ich, das billgste. Oh, eine Backpacker-Unterkunft? Mal sehen, das gibts ab 20 Dollar, ob ich denn meinen Schlafsack mit habe? Äh, nein, also an ein Bett hatte ich schon gedacht, und ein Einzelzimmer darf es dann auch schon sein. Ok, da hier Sonntagabends so gut wie nichts los ist, könnte ich für 25 Dollar ein gemachtes Bett haben. Ich besichtige das Zimmerchen kurz und beschließe, mich darauf einzulassen. Es ist zwar eine ganz andere Kategorie von Unterkunft, als ich mir bisher gegönnt habe, aber für 25 Dollar gar nicht schlecht (das sind übrigens weniger als 15 Euro!).

Mein Zimmerchen ist eigentlich ein Doppelzimmer mit zwei kleinen Betten drin, und ansonsten fühlt sich die Unterkunft so an wie ein Studentenwohnheim, mit gemeinsam genutzten Toiletten und Duschen, einer großen Küche und einem gemütlichen Aufenthaltsraum Foto dazu, der im Gegensatz zu meinem Zimmer sogar beheizt ist. Statt wie sonst einsam und alleine in meinem Zimmer zu hocken, setze ich mich also heute mal mit meinem Notebook in den Gemeinschafttsraum und fange an, mein Tagebuch zu schreiben.

Ein japanisch sprechendes Pärchen kocht und nimmt sein Abendessen ein, und ich beschließe, meine Japanischkenntnisse noch einmal auszuprobieren. Als er mich später irgendwann zufällig auf Englisch anspricht, frage ich ihn auf Japanisch, ob er Japaner ist, und unterhalte mich ein Viertelstündchen mit ihm. Wie immer ist es mit dem Japanisch etwas schwierig, und ich habe schon sooo viel vergessen, seit ich aus Japan weg bin :-(. Aber es macht großen Spaß, und er spricht geduldig und langsam mit mir und wechselt insbesondere nicht sofort auf Englisch, wenn ich mal etwas nicht sofort mitkriege, wie es die meisten Leute in Tokyo ständig getan haben.

Ich unterbreche die Unterhaltung nach einer Weile nur, weil mir der Magen knurrt und fahre noch schnell in die Stadt, um was zu essen. Wie ich später im Gespräch im Gemeinschaftsraum erfahre, habe ich das gerade rechtzeitig getan, denn um 19:30 macht in Whangamata anscheinend alles zu. Ich fühle mich wieder wie in diesen australischen Geisterstädten. Nur mit dem Unterschied, dass ich diesmal nicht alleine in meinem Zimmer vor dem Fernseher hocke, sondern mit meinem Notebook im Gemeinschaftsraum sitze und mich im Laufe des Abends mit verschiedenen Leuten unterhalte, während ich nebenbei diese Zeilen eintippe. Wäre glatt zu überlegen, ob ich mich zukünftig nicht mehr in Richtung Backpacker orientiere, allein schon wegen der interessanten Gesellschaft. Ganz abgesehen davon, dass es deutlich billiger ist. Mal schauen, wie ich in dem unbeheizten Zimmer in dem schmalen Bettchen schlafe, und wie unkomfortabel es mir vorkommen wird, eine Gemeinschaftsdusche zu benutzen.

 

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©2004 by Harald Bögeholz