15.9., Sydney

Nach Tokyo ist anscheinend jede andere Großstadt weniger spektakulär. Jedenfalls sind wesentlich weniger Menschen unterwegs, als ich um kurz nach 10 meinen Stadtbummel beginne. In der Nähe des Rathauses allerdings stehen Absperrungen und es beginnen sich Menschen zu sammeln Foto dazu; ich erinnere mich, dass ich gestern aus dem Augenwinkel spezielle Parkverbotsschilder für eine Veranstaltung heute wahrgenommen habe. Was für ein Ereignis bevorsteht, sehe ich dann auf einem Schild vor dem Rathaus Foto dazu: Sydney feiert die Rückkehr seines Teams von den Olympischen Spielen. Sind die also auch zuende inzwischen ;-).

Da mich die Veranstaltung nicht interessiert und ich zudem nicht weiß, wann sie eigentlich anfängt (ok, man könnte fragen), schaue ich mir erstmal das Queen Victoria Building an, das ein elegantes Einkaufszentrum beherbergt - mit Teppichboden auch auf den Gängen Foto dazu. Einkaufen ist zwar nicht so meine Sache, und Nobelboutiquen schon gar nicht, aber trotzdem nehme ich mir recht viel Zeit, die Atmosphäre in mich aufzusaugen. Und überlege in einem Souvenirladen ewig, was wohl einem 12-Jährigen Spaß machen könnte außer dem Standard-Bumerang, auf den man als erstes kommt, wenn man über ein Mitbringsel aus Australien nachdenkt. Ich finde aber nichts.

Als ich um 12 das Gebäude wieder in Richtung Rathaus verlasse, um mal nach der Veranstaltung zu sehen, sind deutlich mehr Leute da, es spielt Musik und immer mal wieder kommen mit großem Trara Ehrengäste in ihrer Limosine vorgefahren Foto dazu. Allzu lange kann es also nicht mehr dauern. Obwohl sie mich also eigentlich nicht interessiert, warte ich die Parade ab; wann ist man schließlich mal bei so einem Jahrhundertereignis dabei? Höchstens alle vier Jahre!

Kurz bevor es dann wirklich losgeht, nehme ich belustigt zur Kenntnis, wie die Veranstalter-Crew noch schnell Australien-Fähnchen an alle austeilt, die noch keine haben, denn schließlich soll ja fernsehwirksam damit gewunken werden. Noch vor einer Stunde konnte man solche Fähnchen für einen Dollar das Stück kaufen - komischerweise von anderen Verkäufern, die nicht das offizielle Crew-T-Shirt trugen *g*. Als die Parade dann endlich kommt, bin ich gezwungen, blind mit hochgehaltener Kamera zu fotografieren, denn ich stehe zu weit hinten. Schieße also wahllos ein paar Fotos, um zu dokumentieren, dass ich bei dem wichtigen Ereignis dabei war, und ziehe dann weiter Foto dazu Foto dazu Foto dazu.

Als nächstes steht der Sydney Tower auf dem Programm, der zwar nicht dem Eiffelturm nachempfunden ist, aber mit über 300 Metern Höhe auch eine schöne Aussicht bieten soll Foto dazu. Der Eintrittspreis schließt eine "Sky Tour" mit ein, auf die ich zwar keinen Wert lege, die aber wohl die Höhe des Eintrittsgeldes rechtfertigen soll. Oben schieße ich rundrum Fotos, von denen ich hoffe, dass ich sie später vielleicht mit irgendeiner schlauen Software zu einem nahtlosen Rundum-Panorama zusammensetzen kann Foto dazu.

Diese komischen Sky Tours finden nur alle 45 Minuten statt. Ich fahre pünktlich kurz vor Beginn nach unten, um festzustellen, dass die Tour natürlich gerade voll ist und ich Platz nehmen darf, um auf die nächste zu warten. 45 Minuten sind natürlich statistisch gesehen die schlechtest mögliche Wartezeit. Als ich gerade am überlegen bin, ob ich den Firlefanz nicht weglasse, kündigt jemand an, dass es aufgrund des großen Andrangs in 20 Minuten eine Extra-Vorstellung geben wird. Ok, also bleibe ich da.

Die Show ist recht nett gemacht; soll halt den Touris die Wunder Australiens erklären. Das Highlight ist ein Rundum-Kino (na ja, eine Leinwand vorne, eine links und eine rechts) mit beweglichen Sitzen, in dem ein Film zeigt, was es in Australien alles zu sehen gibt. Ich bin ganz zufrieden, so manches davon habe ich mit eigenen Augen live gesehen; das Outback natürlich nicht. Es ist immer wieder verblüffend, wie unglaublich viel realistischer ein Film wirkt, wenn der Sitz dazu ein wenig wackelt und sich neigt, solche Shows machen mir immer viel Spaß, ganz gleich, was das Thema ist. Insofern hat sich das Warten doch gelohnt.

Mein Spaziergang fürt mich anschließend wieder zum Dawes Point, von wo aus ich naiverweise gedachte, auf die Harbor Bridge zu kommen. Ist natürlich Quatsch, die Auffahrt beziehungsweise der Aufgang ist einen Kilometer weit weg; das hätt ich auch wissen können, denn ich war ja gestern Abend schon da. So schieße ich halt zum Vergleich noch einmal Referenzfotos aus (möglichst) der gleichen Perspektive wie gestern  (Tag:Foto dazu, Nacht: Foto dazu, Tag: Foto dazu, Nacht: Foto dazu) und verfolge die Brücke dann zurück, um einen Aufgang zu finden.

Als ich so unter der Brücke entlanggehe, fällt mir eine Gruppe von Menschen auf, die auf einem Steg unterhalb der eigentlichen Brücke entlanggeht Foto dazu. Sollte das der Fußgängerweg sein? Oder der Eingang zum südöstlichen Pylon, der laut meinem Reiseführer eine Ausstellung über den Bau der Brücke beherbergen soll? Aber die Leute tragen alle den gleichen Overall; es muss wohl was anderes sein.

Das Geheimnis klärt sich wenige hundert Meter später, als ich den Eingang zum Harbor Bridge Climb finde. Man kann also tatsächlich auf die Brücke klettern. Na ja, was heißt klettern, also auf Treppen und angeseilt und mit Geländern links und rechts oben auf dem "Kleiderbügel" entlang gehen Foto dazu. Ich schaue gar nicht erst, was es kostet; mir läuft die Zeit davon, die Aussicht von einem hohen Gebäude hatte ich auch schon, und den Nervenkitzel stelle ich mir nicht allzu groß vor. Davon stand übrigens nichts in meinem tollen Reiseführer :-(.

Ein Stück weiter kommt dann eine Treppe, die mich auf die Brücke führt. Ich laufe bis zur Mitte, schieße ein paar Fotos von der Bucht Foto dazu, nochmal dem Opernhaus Foto dazu und den Verkehrsschildern, die eigentlich ganz deutlich sind, mir gestern im Berufsverkehr aber gar so wenig geholfen haben Foto dazu und kehre dann um. Zu meiner Überraschung weist ein Schild "Opera House" geradeaus weiter die Brücke entlang. Dort will ich zwar hin, aber die Oper ist doch links hinten und nicht geradeaus. Aber das Schild war eigentlich unmissverständlich, also folge ich ihm leicht misstrauisch. Und werde nicht enttäuscht: Zu meiner Überraschung führt der Fußgängerweg weiter den Highway entlang nach links in einem großen Bogen über eine Bücke über die Innenstadt hinweg. Eine Umgehungsstraße also nicht nur für Autos, sondern auch für Fußgänger. Potthässlich natürlich, so direkt neben einem dreispurigen Highway, aber führt tatsächlich auf wohl kürzestem Wege zum Ziel. Mit einem Glasaufzug fahre ich runter vom Highway zur Promenade, die zur Oper führt.

Für Oper an sich interessier ich mich ja gar nicht, daher gehts gleich hektisch weiter in die Royal Botanic Gardens; ich will eigentlich unbedingt vor Sonnenuntergang noch mit der Monorail einmal um die Stadt fahren. Auffällig an diesen Gärten ist seine Bürgernähe. Von wegen Rasen nicht betreten und Berühren verboten: Ein Schild sagt explizit: Bitte laufen Sie auf dem Rasen, riechen Sie an den Rosen, umarmen Sie einen Baum! Dieser Garten gehört Ihnen! Das ist doch mal nett. Dafür sieht er gar nicht schlecht aus. Und ist voll mit Schulkindern Foto dazu; irgendwo hab ich ein Schild gelesen, das für irgendwelche Ferien-Attraktionen für Schüler wirbt; es scheint, als seien hier gerade Ferien.

Ich schaffe es tatsächlich kurz vor Sonnenuntergang, eine Monorail zu besteigen Foto dazu. Das ist ein Rundkurs durch die Stadt; ich fahre fast einmal ganz rum. Da die Fenster so komisch vergittert sind, misslingen meine wenigen Foto-Versuche, aber egal, Sydney sieht jedenfalls nett aus in der Abendsonne, mein Timing war gut.

Die Sonne geht ja doch schrecklich früh unter; schon vor 18 Uhr. Sie haben halt keine Sommerzeit. Ach, verflixt, es ist ja hier Frühling... egal. Ich habe mächtig Kohldampf und kehre in einer Sushi-Bar ein. Als alle Angestellten mich mit irasshaimase begrüßen, läuft mir ein Schauder den Rücken runter und ich fühle mich plötzlich wieder wie "zu Hause" in Japan. Irgendwie habe ich Japan schon vermisst. Und ich finde es äußerst ungewöhnlich, dieses irasshaimase außerhalb Japans zu hören; dies müssen wohl echte Japaner sein.

Sind es auch, wie ich feststelle, während ich genüßlich ein Tellerchen nach dem anderen mit leckeren Sushi vom Förderband nehme und den beiden Sushi-Köchinnen lausche, die sich munter auf Japanisch unterhalten. Da sie sich gut zu kennen scheinen und mit voller Geschwindigkeit in der informellen Stufe miteinander sprechen, verstehe ich kaum etwas, aber das bin ich aus Japan schon gewohnt.

Nicht, weil ich wirklich unbedingt so dringend in diesem Restaurant noch ein zweites Bier brauche, sondern hauptsächlich, weil mich der Hafer sticht, auf Japanisch ins Gespräch zu bekommen, deute ich auf mein leeres Bier und sage o kawari kudasai, woraufhin sie mich freudig überrascht anschaut, losspurtet, mir noch ein Bier bringt und mich anschließend fragt, ob ich Japanisch spreche. Ich erzähle so gut ich kann, dass ich einige Zeit in Japan war, um Japanisch zu lernen, sie lobt mein tolles Japanisch (auf Englisch) und ich lobe ihr Englisch (auf Japanisch, ätsch!). Sie ist seit zwei Jahren in Australien, ...

Ach, obwohl ich nicht klagen will - Australien war schon eine sehr schöne Erfahrung -, vermisse ich Japan doch schon jetzt. Es ist einfach so unglaublich spannend, eine neue Sprache zu lernen und allmählich Tag für Tag immer mehr kleine Erfolgserlebnisse zu haben. Ich muss unbedingt wieder nach Japan! Nach Australien vielleicht bei der Gelegenheit auch, aber das muss ich dann anders organisieren, mit weniger Kilometern auf dem Tacho. Ach ja, fast 3500 sind es bisher.

Als ich das Restaurant verlasse, ist es erst kurz nach 18 Uhr, aber schon stockfinster. Ich schlendere die Oxford Street entlang, mache ein paar Fotos Foto dazu Foto dazu Foto dazu und stürze mich dann ins Nachtleben Foto dazu. Das ist aber eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll ...

 

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©2004 by Harald Bögeholz